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Institutionen, Repression und Biographien

Ionuț Mircea Marcu

Rumänien fiel nach Ende des Zweiten Weltkrieges in den Einflussbereich der UdSSR. Obwohl es sich bei der Kommunistischen Partei Rumäniens in der Zwischenkriegszeit um keine relevante politische Kraft handelte, gelang es ihr mit Hilfe der Roten Armee, hegemonial zu werden. Vergleichbar mit anderen mittel- und osteuropäischen Ländern folgte dieser Prozess einem bestimmten Schema: das Verbot demokratischer politischer Parteien und Organisationen, die Schaffung von Repressionsorganen (vor allem die Geheimpolizei des kommunistischen Staates – die Securitate), die Verstaatlichung der Wirtschaft, die Abdankung von König Michael I. und die Ausrufung der rumänischen Volksrepublik, die Einführung einer strengen Kontrolle über alle Bereiche des öffentlichen Lebens und die Gründung eines Bündnisses mit der Sowjetunion. 1955 wurde Rumänien Teil des Warschauer Pakts und somit vollständig in die sowjetische Einflusssphäre integriert.

Die Spaltung zwischen Tito und Stalin im Sommer 1948 änderte auch die Situation an den rumänischen Grenzen. Schließlich war Rumänien nun die Grenze des kommunistischen Blocks, die Bedeutung von Grenzkontrollen nahm zu. Die erhöhte Aufmerksamkeit an der Grenze zu Jugoslawien reduzierte die Zahl derer, die zu fliehen versuchten. Effektiv wurde die Grenze geschlossen. Abgesehen von diesen Maßnahmen beteiligten sich die Grenztruppen 1951 an der Zwangsumsiedlung von mehr als 43 000 Menschen im Radius von 50 Kilometern um die jugoslawische Grenze. Wie an den verschiedenen institutionellen Umstrukturierungen zu sehen ist, hielt die Partei die Situation an der Grenze unter strenger Beobachtung. Im Jahr 1947 wurden die Grenztruppen von der Armee in das Innenministerium verlegt, um politisch kontrolliert zu werden. Das Innenministerium, zu dem die Geheimpolizei, die Securitate sowie die anderen Polizeikräfte gehörten, war zu dieser Zeit eine der wichtigsten repressiven Institutionen. 1952 wurde das Innenministerium geteilt, in dem mit dem Ministerium für Staatssicherheit eine neue Institution geschaffen wurde. Die Grenztruppen wurden praktisch in eine Struktur der Securitate umgewandelt. 1960 wurden sie erneut der Armee unterstellt.

Dies bedeutete nicht, dass die Securitate nach 1960 die Grenztruppen beherrschte. Im Gegenteil; während der gesamten Geschichte des kommunistischen Rumäniens gab es zwei institutionelle Akteure, die an der Grenzfrage arbeiteten. Die Grenztruppen, welche die Grenzen schützen und illegales Überschreiten verhinderten, verrichteten ihre Arbeit in aller Öffentlichkeit, während die Securitate im Geheimen operierte, wenn sie Informationen sammelte und Gewalt gegen alle Personen anwandte, die mit Zwischenfällen an der Grenze in Verbindung gebracht wurden. Wie effektiv dieses Überwachungsnetz war, ist schwer zu bestimmen. Zudem sind die Daten sehr unvollständig und es ist sehr schwierig, auf dieser Grundlage klare Schlussfolgerungen zu ziehen. Was wir sagen können, ist, dass die Überwachungsnetze in den Grenzregionen oder in ganz Rumänien sicherlich eine sehr große Reichweite hatten.

Es gab zwei Hauptwege, um das sozialistische Rumänien zu verlassen: über die Grenze zu Jugoslawien oder über die Grenze zu Ungarn. Bezüglich der ersten Möglichkeit spricht Dan Draghia über die „westfälische Kultur der Grenzkontrolle“ während des Tito-Stalin-Konflikts. Es besteht kein Zweifel, dass die Grenze zu Jugoslawien für die rumänische Kommunistische Partei während ihrer gesamten Regierungszeit von größter Bedeutung war. Das illegale Überschreiten der Grenze des sozialistischen Rumäniens war eine schwierige und gefährliche Aufgabe. Der Großteil derer, die zu fliehen versuchten, waren jung oder mittleren Alters und meistens Teil einer kleinen Gruppe. Zwar war die Zugehörigkeit zu einer Gruppe wichtig, da sie die Chancen auf eine erfolgreiche Anpassung an das neue Leben nach dem Verlassen Rumäniens erhöhte, jedoch riskierte man auch von den Grenzpatrouillen leichter erwischt zu werden, weswegen die Zahl der Menschen gemeinhin möglichst klein gehalten wurde. Wenn wir die wenigen statistischen Informationen betrachten, die uns vorliegen, waren die jugoslawische und die ungarische Route die beiden wichtigsten Wege, das Land illegal zu verlassen.

Auch einige DDR-Bürger reisten in das sozialistische Rumänien, um über die Grenze nach Jugoslawien und von dort aus nach Westdeutschland zu gelangen.Experten schätzen, dass 800 DDR-Bürger versuchten, aus dem kommunistischen Block über die rumänisch-jugoslawische Grenze zu fliehen. Von all diesen Versuchen seien nur etwa 250 tatsächlich erfolgreich gewesen. Wieviele DDR-Flüchtlinge an der rumänischen Grenze ihr Leben verloren, ist noch nicht erforscht..