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Der Eiserne Vorhang in der Slowakei 1951 - 1989

Peter Mikle

Der Eiserne Vorhang entstand seit 1948 in der Slowakei schrittweise. Seine ersten Komponenten entstanden in Form einer bewaffneten Einheit, welche zum Schutz der Staatsgrenze gedacht war. Militärisch organisierte, ausgerüstete und bewaffnete Einheiten sicherten den gesamten Abschnitt der Staatsgrenze zu Österreich und der Ungarischen Volksrepublik (MĽR), vom Morawa-Dyje bis zum Donau-Ipeľ Zusammenfluss. 1950 wurde auf Initiative der Grenzabteilung von Bratislava der Bau erster Hindernisse in Form von Drahtbarrieren begonnen. Es handelte sich um Holzräderzäune mit Stacheldraht in Höhe von 2 bis 3 Metern. Primär dienten sie zur Behinderung von Fluchtversuchen über die Staatsgrenze, welche illegal, ohne Zustimmung der tschechoslowakischen Behörden, erfolgen sollten. Die genannten technischen Maßnahmen wurden erstmals im Abschnitt des sogenannten Bratislavaer Brückenkopfs verwendet, also im Raum der Gemeinden Petržalka, Jarovce, Rusovce und Čunovo. Die Aktivitäten der Grenzabteilung von Bratislava wurden vom Prager Oberkommando genau überwacht. Dieses war mit den zunehmenden Fällen illegaler Grenzdurchbrüche und der großen Anzahl von Personen, welche erfolgreich über die bewachte Grenze flüchteten, unzufrieden.

Die genannte Tatsache führte 1951 zur Verabschiedung des Gesetzes Nr. 69/1951 „Zum Schutz der Staatsgrenze“. Dieses Gesetz führte zur Errichtung eines imaginären Eisernen Vorhangs entlang der westlichen tschechoslowakischen Grenze und griff direkt ins Leben tausender Menschen, welche in seiner Nähe lebten, ein. Das kommunistische Regime zog jeden einzelnen Bürger der Republik in den Schutz der Staatsgrenze ein, unabhängig von seinem Wohnsitz, und verpflichtete ihn, die Grenze zu schützen. Gleichzeitig führte das Gesetz zur Entstehung von „Grenzzonen“ und „verbotenen Zonen“ in Grenzbezirken. Die Grenzzone wurde parallel zur Grenzlinie in einer Entfernung von 4 - 6 Kilometern ins Landesinnere gebildet. Jede Einreise unterlag der Sondergenehmigung der örtlichen Selbstverwaltung und der zuständigen Grenzbehörde. Die Einreise und Bewegung in diesem Raum beschränkte sich auf kurzfristige Besuche von Verwandten und, nach gründlicher Überprüfung, auf Arbeitsaufenthalte. Die verbotene Zone hatte einen Abstand von 1 - 2 Kilometern zur Grenze im Inland. Das Betreten dieser Zone war ohne schriftliche Genehmigung des Grenzbefehlshabers strengstens verboten. Die Grenzschutzbeamten selbst durften die Zone außerhalb ihres Dienstes nicht betreten. Im Rahmen der Sicherheitsmaßnahmen wurden viele Einwohner als politisch unzuverlässige Subjekte aus der verbotenen Zone ins Inland ausgewiesen.  

Grenzschutzsoldaten im Dienst erhielten die gleichen Befugnisse wie ihre Kollegen vom Korps für Nationale Sicherheit. Sie waren befugt, der illegalen Grenzüberschreitung verdächtige Personen zu verhaften, Geldstrafen zu verhängen sowie persönliche Durchsuchungen und Verhöre durchzuführen. Teil der legislativen Ausweitung der Befugnisse von Grenzschutzbeamten war das Dekret des Ministers für nationale Sicherheit Nr. 70/1951, welches die Benutzung von Waffen im Grenzschutz legalisierte.

 

Im Laufe des Jahres 1951 wurde die 11. Grenzschutzbrigade Bratislava als unabhängige Militäreinheit gegründet, die vor allem für die hermetische Schließung der Staatsgrenze konzipiert war. Diese war der Kommandoeinheit 9600 in Prag unterstellt, die den Schutz der Staatsgrenze in der gesamten Tschechoslowakei verwaltete und koordinierte. Die Bratislava-Brigade bestand aus Bataillonen und Kompanien, die am 1. November 1951 eine Gesamtzahl ihrer aktiven Streitkräfte von 1290 Angehörigen aufwies. Ab diesem Jahr wurde die Grenze zu einem unzugänglichen Ort für Bürger für die folgenden Jahrzehnte. Die Situation an der Grenze eskalierte durch die schrittweise Fertigstellung der drei parallelen Drahtbarrieren, von denen eine an Hochspannungsstrom von 5000 - 15 000 Volt angeschlossen war. In ausgewählten Abschnitten der Grenze zu Österreich wurden sogar Minen verlegt. Diese abschreckenden, und oft auch für die Grenzschutzbeamten selbst tödlichen Bedrohungen, wurden durch politische Lockerungen in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre gelindert. Am gesamten Abschnitt der Bratislava-Brigade wurden Minen und elektrische Straßensperren entfernt. Sie wurden jedoch von ausgefeilteren Maßnahmen, wie „rotierendem Signalgerät“ und „selbstständig angreifenden Hunden“, kurz SUP, ersetzt. So leistete der Grenzschutz sehr präzise Arbeit mit nur geringster Wahrscheinlichkeit für den erfolgreichen Grenzdurchbruch.

Das kommunistische Regime und seine Propaganda rechtfertigten den Bau und Betrieb des Eisernen Vorhangs als Schutz vor dem schädlichen Westen, vor Horden von „Spionen und Agenten“, deren einzige Aufgabe es sein sollte, einen Krieg zu provozieren und das friedliche Leben der Tschechoslowakei zu beenden. Statistiken für den gesamten Einsatzzeitraum des Grenzschutzes in der Region Bratislava weisen jedoch auf das Gegenteil hin.

Zwischen 1979 – 1989 nahm der Grenzschutz an der slowakisch-österreichischen Grenze insgesamt 4068 Personen fest. Von dieser Zahl versuchten 3491 Personen während dieses Zeitraums aus der Tschechoslowakei nach Österreich zu gelangen, und nur 269 wollten unser Gebiet erreichen.

Der Eiserne Vorhang diente keineswegs dazu, die Bewohner der Tschechoslowakei vor den gefährlichen „Elementen des Westens“ zu beschützen. Seine Hauptaufgabe war es, die eigenen Bürger daran zu hindern, das Landesgebiet zu verlassen und ihnen freie Reisen und neues Wissen vorzuhalten. Die meisten Maßnahmen an der österreichischen Grenze dienten zur Unterbindung von Kontakten zwischen In- und Ausland.

So schnell und unerwartet wie der Eiserne Vorhang in den 1950er Jahren entstand, wurde er um die Wende der 1980er und 1990er Jahre wieder entfernt.